In der Chronologie der Ereignisse des
Untersuchungsberichts von Herrn Gross steht: „Am 5. Juni 2008: Aussage von Herrn Magnizki, in der er Oberstleutnant Kuznetsov und Major Karpov der Verstrickung in den Firmendiebstahl und in die betrügerische Steuerrückerstattung beschuldigt.
Diese Behauptung trifft nicht zu. Sogar Bill Browder widerspricht dieser Behauptung und stimmt mir in einem Interview zu, dass Magnizki am 5. Juni 2008 nicht die Polizeibeamten des Diebstahls von 230 Millionen Dollar beschuldigt. Der Diebstahl aus der Staatskasse wird im Verhörprotokoll gar nicht erwähnt. Zudem weist nichts im Vernehmungsprotokoll von 5. Juni 2008 darauf hin, dass
Magnizki Karpov und Kuznetsov des Firmendiebstahls beschuldigt.
Während des zweiten Verhörs am 7. Oktober 2008 erhebt Magnizki keinerlei Anklage gegen die Polizeibeamten wegen Diebstahl von 230 Millionen Dollar. Er erwähnt nicht einmal ihre Namen.
Im Zuge meiner investigativen Recherche bin ich zur Schlussfolgerung gekommen, dass die Geschichte über den Enthüller Sergej Magnizki als Alibi für diejenigen fabriziert wurde, die in Wirklichkeit in den Diebstahl aus der russischen Staatskasse verwickelt waren. Davon handelt mein Film. Andreas Gross schreibt, dass seine Behauptungen bewiesen sind. Meines Erachtens beweist mein Film das Gegenteil.
Ich habe versucht in dieser kurzen schriftlichen Stellungnahme nur an einem Beispiel auszuführen, warum ich mit Herrn Gross' Schlussfolgerungen nicht einverstanden bin. Die ausführlichen Begründungen für meine Position habe ich in meinem Film in Einheit von Form und Inhalt dargelegt. Und eben die Veröffentlichung dieses Films wird jetzt praktisch verhindert.
Herr Gross muss den Film nicht mögen (unklar ist übrigens, wie er den Zugang zu dem noch nicht veröffentlichten Film bekommen hat), aber was berechtigt ihn, an meiner Gewissenhaftigkeit zu zweifeln? Alle meine zahlreichen Filme habe im Westen gemacht und bin als Kritiker der russischen Politik bekannt. Ein professioneller Journalist und Filmemacher, der eine große Finanzaffäre untersucht, die geopolitische Folgen nach sich zog, darf dabei nicht einfach so durch Politiker und Staatsbeamte gebremst werden, weil diese sich zu diesem Sachverhalt bereits eine eigene Meinung gebildet haben.
Andreas Gross, der den Untersuchungsbericht für die Parlamentarische Versammlung des Europarates verfasst hat, kann nicht als unparteiischer Kommentator meiner Kritik eben dieses Berichts angesehen werden.
Meine begründete Kritik an seinen Untersuchungsergebnissen als Manipulation brandmarkt, die auf einem rechtlich-öffentlichen TV-Sender nicht verbreitet werden darf, dann muss er sich die Frage gefallen lassen, ob seine Haltung noch demokratisch genannt werden kann.
Andrei Nekrasov Berlin, 21.06.2016